Der Hochschulrat - Eine Institution, die die Demokratie mit Füßen tritt


Mit dem Hochschulfreiheitsgesetz (HFG) vom Oktober 2006 wurde das nordrhein-westfälische Hochschulrecht grundlegend reformiert. Die Hochschulen des Landes wurden rechtlich derart verselbstständigt, dass sie ihre Aufgaben nun weitestgehend eigenhändig, ohne inhaltliche Kontrolle des Landes, verfolgen können. Das Land selbst zieht sich auf eine reine Rechtsaufsicht zurück. Die Hochschulen sollen sich auf diese Weise im wissenschaftlichen Wettbewerb untereinander profilieren und eigene Strategien und Entwicklungsrichtungen verfolgen können. Diese Entwicklungen lassen sich unter dem Begriff des „Hochschulmanagements“ zusammenfassen, welcher gerade in den letzten Jahren sehr modern geworden ist und in vielen Hochschulgesetzen der Länder mittlerweile Niederschlag gefunden hat. Typische Auswüchse dieser Strömung sind die Umbenennung des Rektorats in „Präsidium“ (sofern die Hochschule wie die Uni Bielefeld nicht die Bezeichnung „Rektorat“ fortführt) und gerade die Einführung von Hochschulräten.
Unser wahrscheinlich scheidender Innovations­minister Andreas Pinkwart rühmt sich damit, dass die nordrhein-westfälischen Hochschulen mit dem HFG eine „Autonomie in einer neuen, bundesweit einzigartigen Dimension erhalten“ haben. Und genau darin liegt die verfassungsrechtliche Problematik: Durch die konkrete Ausgestaltung, die die Hochschulautonomie im neuen Hochschulgesetz erfährt, wird die Universität de facto entdemokratisiert. Der Hochschulrat wurde als höchstes und entscheidendes Leitungsgremium in die Hochschule eingebaut. Er hat weitreichende Kompetenzen wie zum Beispiel die Einsetzung der Verwaltungsspitze durch Wahl des Präsidiums. Die Besetzung des Hochschulrates erfolgt dabei in einem sehr undurchsichtigen Verfahren, bei der bis zur Wahl die Personen geheim bleiben. Einmal eingesetzt, bleiben die Gewählten fünf Jahre im Amt, egal welche Verfehlungen sie sich zu Schulden kommen lassen. Eine Abwahl ist nicht möglich. Studierende sind nicht im Hochschulrat vertreten, nur sporadisch und zur Gewissensberuhigung werden VertreterInnen dieser Statusgruppe eingeladen. Die Beratungsgegenstände sind per se geheim und die Sitzungen nicht öffentlich, Transparenz besteht nicht und ist auch nicht gewünscht. Unser Hochschulrat lässt uns wenigstens die Gnade zu Teil werden, dass wir im Vorfeld einen Blick in die Tagesordnung erhalten. Tatsächlich bildet der Hochschulrat einen verfassungsrechtlich unzulässigen, ministerialfreien Raum. Das meint, dass es keine nicht mal annähernd ausreichende demokratische Legitimation gibt, die das Handeln des Hochschulrates legitimiert. In Anbetracht dessen, was der Hochschulrat alles darf (Wahl des Präsidiums, Zustimmung zum Hochschulentwicklungsplan, Zustimmung zum Haushaltsplan der Universität etc.) muss er erstaunlich wenig (nämlich keine) Rechenschaft ablegen. Weder der Landesregierung noch den Universitätsangehörigen gegenüber. Der Hochschulrat darf also unkontrolliert Staatsgewalt gegenüber den Verwalteten ausüben. Das Unding an dem Ganzen ist, dass nun versucht wird, dieses zutiefst undemokratische Organ als „Innovation“ und „Förderung der Wissenschaftsfreiheit“ zu verkaufen.

Aus diesem Grund hat im Februar diesen Jahres ein Mitglied der ghg*ol vor dem Verwaltungsgericht Minden Klage gegen den Hochschulrat erhoben. Diese AStA-finanzierte Klage fußt auf einem Beschluss des Studierendenparlaments aus dem vergangenen Herbst, das auf diese Weise nun die endgültige verfassungsrechtliche Klärung sucht.

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